Als Hochschullehrerin liegt die Wahrscheinlichkeit bei 3.2 %, dass ich in der Zukunft durch einen Computer ersetzt werde. Wäre ich Grundschullehrerin wäre es sogar noch weniger: 0.4 %. Es wäre auch ziemlich traurig, wenn wir als Eltern irgendwann beim Lehrergespräch einem Roboter gegenüber sitzen würden.
Auf der Webseite der Süddeutschen Zeitung http://gfx.sueddeutsche.de/pages/automatisierung/ kann jeder seinen Beruf eingeben und sich eine Prognose geben lassen – wer möchte nicht in die Zukunft sehen können?
Die Daten dieser Wahrscheinlichkeiten basiert auf einer Studie der Forscher Carl Frey and Michael Osborne der Oxford University, die seit ihrem Erscheinen in 2013 grosse Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Die Studie hat über 700 Berufsgruppen – allerdings nur auf den US-Arbeitsmarkt bezogen – und deren Zukunftsaussichten hinsichtlich ihrer „Rationalisierung durch Automatisierung“ berechnet. Methodisch ist es interessant zu lesen. Drei „Engineering Bottlenecks“ liegen dem Modell als Barrieren zugrunde, was es auch künftig schwierig machen wird, diese durch technologische Fortschritte (vor allem Machine Learning (ML), Artificial intelligence (AI, künstliche Intelligenz) und mobile robotics (MR) zu überwinden: 1) creative intelligence, 2) social intelligence, 3) perception and manipulation tasks. Dann haben sie alle 702 Berufsgruppen nach ihrem Grad in diesen drei Dimensionen beurteilt (eine ziemlich aufwändige Arbeit!). Also auf die sozialen und kreativen Kompetenzen sowie sehr spezifische handwerkliche Kompetenzen kommt es künftig an, da sich diese nur schwerlich durch eine Maschine ersetzen lassen. Stimmt – beim Primarschullehrer unseres Sohnes sind die kreativen sowie sozialen Kompetenzen sehr hoch, er macht tolle Sachen mit seinen Schülern – wäre einfach unvorstellbar von einem Roboter, das wollten wir unseren Kindern nicht zumuten.
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte der Arbeitsplätze in den kommenden 20 Jahren bedroht sein wird. Sicher – die Berufsgruppen des US-Arbeitsmarktes lassen sich nicht 1:1 auf den europäischen oder deutschen Arbeitsmarkt übertragen. Wann es nach Ansicht der Forscher soweit sein wird? „The job is potentially automatable over some unspecified number of years, perhaps a decade or two“ – Vorhersagen in diesem Bereich sind schwer.
“The net result is that 47% of jobs are at high risk of computerization, 19% are at medium risk, and 33% are at low risk.” Die Grafik der Autoren illustriert dies sehr schön, im Artikel sind alle 702 Berufsgruppen in einem Ranking aufgelistet:
Zurück zum Anfang: der Lehrerberuf scheint nach Erkenntnissen dieser Oxford Studie nicht extrem gefährdet – mit zunehmendem Alter der Lernenden steigt die Wahrscheinlichkeit leicht an. Aber wenn man sich die einzelnen Tätigkeiten einer Lehrperson anschaut, dann sieht es doch ganz anders aus. Bei den vielen Korrekturen einzelner Arbeitsblätter beispielsweise braucht es schon heute eigentlich keine künstliche Intelligenz, um Lehrpersonen vielmehr von Routinetätigkeiten zu entlasten. Und ähnlich ist es auch nicht effizient und effektiv, dass ein Hochschullehrer eine (Standard-)Vorlesung in einem (Massen-)Hörsaal jedes Semester immer wieder hält. Heute ist es noch üblich, dass wir nach dem didaktischen Mehrwert für den Einsatz von Technologien fragen. Werden wir künftig die Frage genau umdrehen müssen: Was ist der didaktische Mehrwert einer menschlichen Lehrperson, dass diese Aktivität nicht der Computer übernimmt?
Zur Studie:
http://www.futuretech.ox.ac.uk/sites/futuretech.ox.ac.uk/files/The_Future_of_Employment_OMS_Working_Paper_1.pdf
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