SCIL hat die erste breite und systematische Erhebung zur Nutzung von GenKI-Anwendungen im Arbeitsfeld L&D / PE im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Ein Überblick über die Ergebnisse und die daraus resultierenden Handlungsfelder.
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GenKI-Anwendungen sind angekommen – wie werden sie genutzt?
Anwendungen generativer KI (GenKI) sind auch im Arbeitsfeld Learning und Development (L&D) bzw. Personalentwicklung (PE) angekommen (z.B. Taylor & Vinauskaite 2024; Tillmann 2024). Grund genug, für Transparenz dazu zu sorgen, welche Typen von Werkzeugen für welche Aufgaben genutzt werden, wie die Zusammenarbeit mit diesen Assistenzsystemen ausgestaltet und erlebt wird, welche Nutzenpotenziale gesehen werden und welche Unterstützung es für eine möglichst produktive Nutzung dieser Werkzeuge braucht. Genau diesen Fragen sind wir im Rahmen der Studie “Generative KI im Arbeitsfeld L&D / PE” nachgegangen.
Anlage der Studie
Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung im Bereich GenKI wurde die Studie als schnell umzusetzendes “Forschungsblitzlicht” konzipiert und begrenzt auf den deutschen Sprachraum umgesetzt. Die Konzeption basiert auf einem Modell der soziotechnischen Systemgestaltung, das um Aspekte der Systemumwelt erweitert wurde. Neben allgemeinen Rahmenbedingungen der L&D- bzw. PE-Organisationen (z.B. Wirtschaftsbranche) wurden organisationale Aspekte (z.B. personelle Kapazität), das technische Subsystem (z.B. verfügbare Werkzeuge & Lizensierung), das soziale Subsystem (z.B. Offenheit für die Nutzung von GenKI-Werkzeugen), die Bearbeitung von Aufgaben mit GenKI-Werkzeugen (z.B. Rolle der Assistenzsysteme im Arbeitsprozess) und schliesslich die damit erzielten Ergebnisse (z.B. wahrgenommenes Nutzenpotenzial) untersucht.
Beteiligung
An der Studie beteiligt haben sich insgesamt 37 L&D- bzw. PE-Teams aus 31 Unternehmen / Organisationen im deutschsprachigen Raum (Schweiz, Deutschland, Österreich, Liechtenstein). Insgesamt konnten aus der Online-Befragung 428 auswertbare Rückläufe eingeholt werden. Gut die Hälfte der Befragten Fachpersonen ist primär für Zielgruppen in der Schweiz verantwortlich, knapp ein Drittel für Zielguppen in Deutschland und jeweils knapp 10% für Zielgruppen in Österreich oder im Raum D-A-CH und darüber hinaus. Im Hinblick auf die Wirtschaftssektoren war die Branche “Dienstleistungen: Finanzen und Versicherungen” am stärksten vertreten, gefolgt von der Branche “Verarbeitendes Gewerbe” und “Verkehr, Logistik, Lager”.
Ergebnisse
Die nachfolgende Infografik zeigt die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Die Entwicklungen im Bereich GenKI sind ein wichtiges Thema für die Arbeit von L&d bzw. PE.
- Klare Aussagen dazu, mit welchem Ziel und wofür GenKI-Anwendungen von L&D / PE genutzt werden sollen, sind noch längst nicht überall erarbeitet. Viele Teams befinden sich noch in einer Erkundungs- bzw. Klärungsphase.
- Eine grosse Mehrheit der befragten Fachpersonen schaut zuversichtlich auf die Entwicklungen in diesem Feld und erwartet (eher) positive Veränderungen der eigenen Berufsrolle.
- Bei den aktuell umgesetzten Nutzungsszenarien steht das Erstellen von Lernmaterialien im Vordergrund, gefolgt vom Erstellen von Assessments und der Analyse von Daten (z.B. zu Zielgruppen / im Prozess der Bedarfsanalyse).
- In der Zusammenarbeit mit GenKI-Werkzeugen wird diesen zumeist die Rolle “Praktikant:in” zugewiesen, weniger oft die Rolle “Partner:in” oder “Expert:in”.
- Wenn es Leitlinien zur Arbeit mit GenKI-Werkzeugen gibt, fokussieren diese in der Regel Sicherheits-Aspekte, gefolgt von Hinweisen zum Prompting und zur Sicherung der Qualität der Ausgaben.
- In der Zusammenarbeit mit GenKI-Werkzeugen dominieren positiv gefärbte Wahrnehmungen. Die Nutzer:innen fühlen sich sehr häufig produktiver und gestärkt; eine kleine Minderheit fühlt sich vom Arbeitsergebnis entfremdet oder verunsichert.
- Danach gefragt, was besonders wichtig ist, um produktiv mit GenKI-Werkzeugen arbeiten zu können, verweisen die befragten Fachpersonen vor allem auf den Zugriff auf leistungsfähige Werkzeuge und Möglichkeiten / Freiräume, diese auszuprobieren. Zugriff auf Beispiele guter Praxis und Möglichkeiten für Austausch mit Kolleg:innen werden ebenfalls als sehr wichtig erachtet. Leitlinien und Kurse folgen mit etwas Abstand.
Weitere Ergebnisse im ausführlichen Bericht.
Handlungsfelder
Die Ergebnisse zeigen unter den Fachpersonen für L&D / PE insgesamt eine grosse Offenheit der neuen Technologie gegenüber. Die grosse Mehrheit der Befragten erlebt die Nutzung von GenKI-Werkzeugen als Stärkung und als förderlich für die eigene Produktivität. Und sie erwartet eher positive Auswirkungen auf die eigene Berufsrolle. Das sind gute Ausgangsbedingungen für die weitere Exploration und für das Vorantreiben einer produktiven Nutzung von GenKI-Werkzeugen im Arbeitsfeld L&D / PE.
Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich folgende Handlungsfelder für L&D / PE ableiten:
- (Gemeinsames) Verständnis von GenKI-Werkzeugen:
Es braucht ein gemeinsames Grundverständnis der GenKI-Technologie und der Werkzeuge. Dies betrifft Funktionsweisen, Grenzen und das Potenzial von GenKI über die reine Inhaltserstellung hinaus. Auf dieser Grundlage kann dann die systematische Weiterentwicklung der Nutzung von GenKI in L&D / PE angegangen werden. - Ziele und Strategie:
Es braucht eine klar formulierte Vision und Strategie für die Nutzung von GenKI-Werkzeugen im Bereich L&D / PE. Davon ausgehend können dann Maßnahmen abgeleitet werden, um die Potenziale weiter auszuschöpfen. - Rahmenbedingungen:
Es braucht Zugang zu leistungsfähigen GenKI-Werkzeugen. Und es braucht einen möglichst systematischen Austausch von Wissen und Erfahrungen aus der Arbeit damit (z.B. durch Prompt-Bibliotheken und Foren). - Befähigung:
Um die produktive Nutzung der GenKI-Werkzeuge voranzutreiben braucht es darüber hinaus Freiräume für das praktische Ausprobieren, den Austausch von Good Practices und ausgewogene Leitlinien, die Chancen und Risikovorsorge gleichermassen adressieren. - Reflexion und Begleitung:
Die Entwicklungen im Bereich GenKI sind weiterhin dynamisch. Das Beobachten und Reflektieren von Veränderungen im Hinblick auf das Aufgabenportfolio der Fachpersonen ist und bleibt eine Daueraufgabe, bei der Führungskräfte eine wichtige Rolle spielen.
Diese Handlungsfelder sind hier für L&D / PE formuliert. Sie können aber auf alle Unternehmens- und Organisationsbereiche übertragen werden, in denen WINS-Arbeit (Baier et al. 2023) einen hohen Anteil der Wertschöpfung ausmacht. Hier gibt es reichlich Arbeit für die Fachpersonen im Bereich L&D / PE.
Die Studie kann kostenfrei über diese Seite heruntergeladen werden.
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Baier, P., Hexter, J., & Sviokla, J. J. (2023): Where should your company start with GenAI? Harvard Business Review.
Meier, C. (2024): Generative KI im Arbeitsfeld L&D / PE. Ergebnisse des F&E-Blitzlichts 2024 und Handlungsfelder für L&D- / PE-Organisationen. Universität St.Gallen, Institut für Bildungsmanagement & Bildungstechnologien / SCIL.
Taylor, D. H., & Vinauskaite, E. (2024): AI in L&D: Intention and reality. L&D GSS Focus Report 03. www.donaldhtaylor.co.uk. Donald H. Taylor Services Limited.
Tillmann, T. (2024): State of AI in L&D. Lernhacks.de.
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