Im Hinblick auf längerfristige Zukunftsszenarien streiten sich momentan zwei Lager: auf der einen Seite wird die Gefahr einer digitalen Revolution gesehen, die viele Arbeitsplätze kosten könnte; auf der anderen Seite wird eine evolutionäre Entwicklung mit neuen Arbeitsplätzen und einem höheren Wohlstand für die Gesellschaft insgesamt erwartet.
In der öffentlichen Debatte steht vor allem die mögliche Substitution von menschlichen Arbeitskräften durch Maschinen und Roboter im Vordergrund. Die populär gewordene Studie von Frey und Osborne (2013) zeigt ein drastisches Krisenszenario auf. Nach dieser Studie könne in den nächsten zehn bis 15 Jahren nahezu jeder zweite Arbeitsplatz durch die Nutzung digitaler Technologien ersetzt werden.
In Deutschlang hat die Arbeitsmarktstudie von Dengler & Matthes (2015) grosse Aufmerksamkeit erlangt. Die Autoren gehen davon aus, dass nicht Berufe, sondern lediglich Tätigkeiten durch den Einsatz neuer Technologien ersetzt werden. Im Hinblick auf die bestehenden Ausbildungsstrukturen ist jedoch sehr interessant, dass Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene zum Teil mit einem höheren Substituierungspotenzial konfrontiert sind, als Helferberufe. Diese Ergebnisse scheinen auf den ersten Blick überraschend zu sein, sollte doch eine höhere Ausbildung eher besser gegen die Substituierbarkeit schützen als niedrige Ausbildungen. Die Substituierbarkeit durch Computer geschieht aber häufiger bei Tätigkeiten, welche von qualifizierten Fachkräften ausgeübt werden, da diese besser in programmierbare Algorithmen zerlegt und schliesslich von Computern ausgeführt werden können. Von Hilfskräften ausgeführte Aufgaben stellen hingegen zum grossen Teil Nicht-Routine-Tätigkeiten dar, die nur schwer automatisiert werden können. (Dengler & Matthes, 2015, S. 12)
Neu ist nun eine Studie von Deloitte (2017) erschienen, welche die Auswirkungen der Automatisierung auf Mitarbeiter, Unternehmen und das Bildungssystem in der Schweiz untersucht hat. Demnach hätten die positiven Komplementäreffekte der Automatisierung die Reduktion durch Substitution nicht nur aufgefangen, sondern zu mehr Arbeitsstellen geführt. Insgesamt seien in der Schweiz zwischen 1990 und 2013 etwa 800’000 Stellen netto hinzugekommen.
Einschränkend muss erwähnt werden, dass sich die Studien auf verschiedene Länder und Arbeitsmarktstrukturen beziehen. Auch ist derzeit nicht eindeutig abzuschätzen, mit welcher Geschwindigkeit sich technologische, sozio-kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen aufgrund des Megatrends Digitalisierung niederschlagen werden. Dennoch liefern sie Hinweise darauf, mit welcher Dynamik die Berufsbildung zu rechnen hat: Tätigkeiten in bestehenden Berufen können sich mit einer hohen Geschwindigkeit verändern, neue Berufe entstehen und bestehende Berufe aussterben.
In Unternehmen lautet die Antwort auf die digitale Transformation -> Agilität. Für die Berufsbildung ist es ebenfalls erforderlich, die Agilität zu erhöhen – neue Wege der Flexibilisierung zu gehen.
Dengler, K. & Matthes, B. (2015). Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt. Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland. Nürnberg: IAB (IAB-Forschungsbericht 11/2015) Gefunden unter http://doku.iab.de/forschungsbericht/2015/fb1115.pdf
Deloitte (2017). Transformation der Schweizer Wirtschaft. Die Auswirkung der Automatisierung auf Beschäftigung und Branchen. Gefunden unter https://www2.deloitte.com/ch/de/pages/innovation/articles/transforming-swiss-economy.html
Frey, C. B. & Osbornes, M. A. (2013). The Future of Employment: How susceptible are jobs to computerization? University of Oxford.
Nemula says
Danke für den interessanten Beitrag und die weiterführenden Links!
Was mich beim Lesen nur gewundert hat, ist dass im Titel die These “Agilität als Antwort auf die digitale Transformation” aufgestellt wird, dann aber nur am Ende des Textes behauptet wird, dass Agilität tatsächlich die Antwort wäre, dies aber mit keinem Wort, Link oder sonstigem belegt wird, sogar das Thema Agilität nicht ein einziges Mal im Text angesprochen wird. Und wegen der Agilität im Titel bin ich überhaupt bei diesem Text gelandet.