LXP, digitale Bibliotheken und kuratierte Lernpfade machen personalisierte Kompetenzentwicklung prinzipiell möglich. Für die erfolgreiche Umsetzung braucht es lernkompetente Mitarbeitende und entwicklungsförderliche Führung. Neue Aufgaben für Learning Professionals und ein Ergebnisbericht dazu.
Im Rahmen der SCIL Entwicklungspartnerschaft 2021 haben wir mit unseren Partnern an diesem Thema gearbeitet: “Personalisierte Kompetenzentwicklung – Befähigung & Unterstützung für selbstreguliertes Lernen mit digitalen Plattformen, Bibliotheken und kuratierten Lernpfaden”. Nachfolgend eine kurze Einordnung des Themas und eine Übersicht zu unseren Arbeiten sowie Ergebnissen.
Personalisierung als Trend und übergreifendes Prinzip
Wir sind es mittlerweile gewohnt, dass Produkte und Dienstleistungen für uns spezifisch zugeschnitten werden können: vom persönlichen Coffee-Blend über die individuell angepassten Sportschuhe (z.B. https://www.nike.com/ch/nike-by-you) bis zur persönlichen Playlist auf Spotify. Die Erwartung, dass dies möglich ist, überträgt sich zunehmend auch auf den Bereich der Bildung: Angebote zu Kompetenzentwicklung sollen möglichst gut an «meinem jetzigen Stand» anknüpfen. Das macht auch Sinn, denn empirische Studien zeigen, dass individualisierte Lernprozesse zu deutlich besserem Lernerfolg führen (z.B. Bloom 1984).
Personalisierte Kompetenzentwicklung ist ein Thema in verschiedenen Bildungskontexten – in der betrieblichen Weiterbildung ebenso wie in der Hochschulbildung, in der Berufsbildung oder der allgemeinbildenden Schule. Zu den Treibern für diese Entwicklung gehören rasch ändernde Job- und Kompetenzprofile ebenso wie heterogene Ziel- bzw. Teilnehmendengruppen und die Wertschätzung von Selbstorganisation als Leitprinzip.
Personalisierte Kompetenzentwicklung bezeichnet also Kompetenzentwicklung (Entwicklung von Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen), die in hohem Masse auf die individuellen Erfordernisse zugeschnitten ist UND die in hohem Masse eigenverantwortlich und selbstreguliert umgesetzt wird.
Wege zu personalisierter Kompetenzentwicklung
Eine Abwendung vom Prinzip Giesskanne bzw. ‘One size fits all’ kann vor allem über drei Wege verfolgt werden:
- mehr individuelles Tutoring,
- gezielter Einsatz von Bildungstechnologien – Learning Experience Plattformen (LXP) und intelligente tutorielle Systeme (ITS),
- systematische Befähigung der Beschäftigten zu mehr Eigenverantwortung und Selbstregulation bei Lernen und Entwicklung.
Mehr individuelles Tutoring ist in der Regel kein gangbarer Weg, da die personellen und finanziellen Ressourcen dafür fehlen. Der gezielte Einsatz von Bildungstechnologien (LXP und / oder ITS) erfordert Arbeit an und Investitionen in die technische Infrastruktur für Lernen und Entwicklung. Und mit technischen Infrastrukturen allein ist es in der Regel nicht getan. Mitarbeitende müssen auch unterstützt / befähigt werden, diese gewinnbringen nutzen zu können. Diese systematische Befähigung für selbstreguliertes Lernen erfordert Investitionen in das Humankapital. Denn Selbstregulation beim Lernen erfordert entsprechende kognitive, metakognitive und motivationale Voraussetzungen.
Vier Rollen als Erfolgstreiber
Für den Erfolg von personalisierter Kompetenzentwicklung in Unternehmen und Organisationen sind vor allem vier Rollen von Bedeutung:
- Beschäftigte / Mitarbeitende / Lernende
sie bringen insbesondere ihre Lernkompetenz und ihre Motivation ein; - Führungskräfte
sie tragen insbesondere durch eine entwicklungsförderliche Führung und durch Empowerment ihrer Mitarbeitenden zum Erfolg bei; - Kurator:innen von Lernressourcen
sie gestalten Lernpfade in einer Weise, durch die selbstreguliertes Lernen gut unterstützt wird; - Bildungsverantwortliche / Learning Professionals
sie tragen insbesondere über die Befähigung der vorgenannten Rollen zum Erfolg bei. Darüber hinaus sind sie die Expert:innen für die Evaluation von und Erfolgsbestimmung zu personalisierter Kompetenzentwicklung.
Im Rahmen der SCIL Entwicklungspartnerschaft 2021 haben wir zwei dieser vier Rollen fokussiert: Bildungsverantwortliche und Führungskräfte.
Learning Professionals
Learning Professionals sind wichtige Treiber für den Erfolg von personalisierter Kompetenzentwicklung, weil sie andere Rollen diesbezüglich befähigen können:
- sie können Führungskräfte unterstützen / befähigen, geeignete Rahmenbedingungen zu gestalten;
- sie können Kurator:innen unterstützen / befähigen, wirksame kuratierte Lernpfade und Sammlungen zu erstellen;
- und sie können Mitarbeitende unterstützen / befähigen, mit kuratierten Lernpfaden und Sammlungen digitaler Lernressourcen nachhaltig und erfolgreich selbstreguliert zu lernen.
Führungskräfte
Führungskräfte sind ein wichtiger Treiber für den Erfolg von pKE, weil sie diejenigen sind, die
die erforderlichen Rahmenbedingungen für erfolgreiche Umsetzungen von pKE (mit)gestalten können,
die Mitarbeitenden in der Umsetzung von pKE kontinuierlich begleiten und unterstützen können (entwicklungsförderliche Führung).
Arbeitsthemen und Ergebnisse
Im Rahmen der SCIL Entwicklungspartnerschaft haben wir zunächst an der konzeptuellen Rahmung und der begrifflichen Schärfung des Gegenstandsbereichs gearbeitet. Darüber hinaus sind wir Fragen aus der Runde der Partner nachgegangen. Beispielsweise nach den Grenzen selbstregulierter Kompetenzentwicklung (was kann auf diesem Weg erreicht werden, was nicht?) oder möglichen Vorteilen bei Kostenstrukturen. Die Ergebnisse zu diesen Punkten finden sich im oberen Teil der Gesamtdokumentation in den weissen Inhalte-Boxen mit den Nummern 2-10 (vgl. Abb. 1).
Wie bereits angesprochen, hat eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft die Rolle der Learning Professionals fokussiert und die nachfolgend angeführten Entwicklungsfelder bearbeitet. Die Ergebnisse hierzu finden sich in den Inhalte-Boxen mit den Nummern 11-17:
- personalisierte Kompetenzentwicklung als Zielbild für Learning Professionals (Inhalte-Box Nr. 11),
- Klärungen & Standortbestimmungen zu personalisierter Kompetenzentwicklung (Inhalte-Box Nr. Box 12),
- Rahmenbedingungen für personalisierte Kompetenzentwicklung (Inhalte-Box Nr. 13),
- das Befähigen von Beteiligten für personalisierte Kompetenzentwicklung (Inhalte-Box Nr. 14),
- das Unterstützen und Begleiten von personalisierte Kompetenzentwicklung (Inhalte-Boxen Nr. 15 und 16), und schliesslich
- das Bestimmen und Ausweisen von Erfolgen mit personalisierte Kompetenzentwicklung (Inhalte-Box Nr. 17).
Eine zweite Arbeitsgruppe die Rolle der Führungskräfte fokussiert und die nachfolgend angeführten Entwicklungsfelder bearbeitet. Die Ergebnisse hierzu finden sich in den Inhalte-Boxen mit den Nummern 18 und 19:
- Mitarbeitenden Erfordernisse und Perspektiven für lebenslanges Lernen aufzeigen (Inhalte-Box Nr. 18);
- entwicklungsförderliche Führung (dies beinhaltet u.a. das Herstellen von Rahmenbedingungen für pKE , das Fördern von pKE und selbstreguliertem Lernen auf Seiten der Mitarbeitenden und das Einnehmen einer aktiven Rolle in Entwicklungssituationen (Inhalte-Box Nr. 19).
Neue Wege der Ergebnisdokumentation und -kommunikation
Personalisierte Kompetenzentwicklung (pKE) ist ein vergleichsweise neues Thema für Bildungsorganisationen und Bildungsverantwortliche. Passend dazu wollten wir als Arbeitsgruppe auch bei der Dokumentation und Kommunikation unserer Ergebnisse neue Wege gehen. Wir haben über die Monate hinweg viel mit digitalen Whiteboards gearbeitet und wollten dieses Medium auch für die Dokumentation unserer Ergebnisse erproben.
Ein Bildschirmfoto der entstandenen Gesamtdokumentation findet sich unten (Abb. 1). Die Gesamtdokumentation kann auf verschiedene Weisen genutzt werden:
- Als digitales Whiteboard, in dem entweder frei oder über hinterlegte Frames navigiert werden kann und in dem weiterhin sehr einfach Kommentierungen und Ergänzungen möglich sind. Hier können auch die als Objekte eingebetteten Ergebnispräsentationen bzw. Foliensätze der Partner durchgeblättert werden. Dieser Modus ist nur für die Mitglieder der Entwicklungspartnerschaft verfügbar.
- Als PDF-Export der einzelnen Frames, die als separate Seiten betrachtet und auch gedruckt werden können. In diesem Modus sind die Inhalte der eingebetteten Objekte nur eingeschränkt verfügbar (jeweils die definierte Startseite der mehrseitigen Dokumente).
- Als PDF-Export in Form einer Grafik, in die am Computer-Bildschirm beliebig hinein- und herausgezoomt werden kann.
- Als gedrucktes Poster, das an einer Wand aufgehängt und dort ebenfalls kommentiert oder ergänzt werden kann.
Übersichtsgrafik
Ausführlichere Dokumentation
Eine umfangreichere Dokumentation in Form eines PDF-Dokuments kann über diesen Link kostenfrei bestellt werden.
Wir bitten darum, diese Dokumentation bei Gebrauch wie folgt zu zitieren:
Meier, C. (2022). Personalisierte Kompetenzentwicklung: Befähigung & Unterstützung für selbstreguliertes Lernen mit digitalen Plattformen, Bibliotheken und kuratierten Lernpfaden. Ergebnisse der SCIL Entwicklungspartnerschaft 2021. Unter Mitarbeit von: Büchel, Daniel; Follador-Breitenmoser, Isabel; Gemperle, Norbert; Kesselring, Claudia; Kunzi, Katja; Mulder, Florus; Röthlisberger-Nievergelt, Franziska; Romano, Laura; Scheffler, Nina; Schindele, Christopher; Strittmatter, Beate; Weber, Stefan; Wicki, Bruno. St.Gallen. Universität St.Gallen / Institut für Bildungsmanagement und Bildungstechnologien.
Beteiligte Partner
Die hier zusammengeführten Ergebnisse wurden im Zeitraum März bis Dezember 2021 erarbeitet. Beteiligt waren Bildungsverantwortlichen von Helsana Versicherungen AG, Liechtensteinische Landesbank AG, Schindler Berufsbildung, Schweizerisches Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV), Schweizerische Post sowie ZF Friedrichshafen AG. Die Beteiligten sind nachfolgend (alphabetisch nach Nachname) aufgeführt: Daniel Büchel, Ines Follador-Breitenmoser, Norbert Gemperle, Claudia Kesselring, Katja Kunzi, Florus Mulder, Franziska Röthlisberger-Nievergelt, Laura Romano, Nina Scheffler, Christopher Schindele, Beate Strittmatter, Stefan Weber, Bruno Wicki.
Weitere Informationen zu den SCIL Innovationskreisen und Entwicklungspartnerschaften finden sich auf dieser Seite:
https://www.scil.ch/scil-entwicklung/scil-innovationskreis-entwicklungspartnerschaften/
[…] LXP, digitale Bibliotheken und kuratierte Lernpfade machen personalisierte Kompetenzentwicklung prinzipiell möglich. Für die erfolgreiche Umsetzung braucht es lernkompetente Mitarbeitende und entwicklungsförderliche Führung. Neue Aufgaben für Learning Professionals und ein Ergebnisbericht dazu. […]