In den letzten Wochen fanden viele Fachversanstaltungen für Learning Professionals online statt. Die Zielsetzungen der verschiedenen Veranstaltungen und auch die gewählten Formate waren durchaus unterschiedlich. Einige der Veranstaltungsmacher haben ausführlich ihre Erfahrungen reflektiert und auch Thesen zur Zukunft solcher Events formuliert.
Zukunft Personal 365: Video-Vorträge & Webportal
Bei der Online-Ausgabe der Messe Zukunft Personal (ZP) gingen die Macher den Weg, Fachexperten für einen Video-Vortrag anzufragen. In meinem Fall wurde der Vortrag via Zoom aufgezeichnet. Eine Vertreterin des Expertenrats der ZP hat mir dann dazu noch verschiedene Fragen gestellt und diese kurze Diskussion war Bestandteil meines Beitrags, der auf der Konferenz-Webseite zu einem definierten Datum aufgeschaltet wurde. Der Charakter der Webseite zur Messe, über die weiterhin alle Vorträge verfügbar sind, hat sich gewandelt und ist jetzt als Portal mit kontinuierlich ergänzten aktuellen Inhalten angelegt.
eLearningJournal SUMMIT Tour 2020 Wrap Up: Zoom & Live Streaming
Die abschliessende Tagesveranstaltung der Summit Tour 2020 des eLearning Journals wurde via Zoom-Webkonferenz durchgeführt und gleichzeitig via YouTube gestreamt. Das Programm bestand aus einer Reihe von 20-minütigen Vorträgen sowie 5-minütigen Speed-Geeking Präsentationen. Die anschliessenden Diskussionen wurden durch ein Moderatoren-Team in einem Produktionsstudio geleitet, wobei auch Fragen aus dem Zoom-Chat eingebunden wurden. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, parallel zum nächsten Vortrag in einer “Meet-the-speaker” genannten Breakout Session mit den Vortragenden direkt ins Gespräch zu kommen. Teilnehmende konnten via Chat auch direkt miteinander in den Austausch gehen, was ich selbst allerdings kaum genutzt habe.
Corporate Learning Camp CLC20 DA: Kombination von vier verschiedenen Plattformen
Kurz nach der Durchführung eines hybriden Barcamps Ende September fand Ende Oktober bereits das nächste von der Corporate Learning Community organisierte Camp statt – dieses Mal vollständig online. Das CLC20 DA wurde auf der Basis von verschiedenen Plattformen durchgeführt. Vier Wochen vor dem Camp wurde ein GoogleDoc für die Session-Planung freigeschaltet. Die Sessions wurden über die Videokonferenz-Lösung BlueJeans durchgeführt und in den zugeordneten GoogleDocs im Sketchnote-Stil dokumentiert. Die Teilgebenden konnten sich vorab virtuell über die (Video-)Chat-Plattform Telegram vorstellen. Für die Abendveranstaltung, bei der insbesondere auch informelle Gespräche möglich sein sollten, wurde die Event-Plattform gather.town genutzt, in der das ursprünglich als Tagungsort vorgesehene Innovation Center von Gastgeber Merck virtuell nachgebaut war.
Learning Innovation 2020 Konferenz: Event-Plattform remo
Die Veranstaltung Learning Innovation 2020 wurde auf Basis einer auf Online-Events ausgerichteten Plattform durchgeführt: remo.co. Remo bietet – neben der bekannten Sicht auf Vortragende und ihre Folien – auch eine grafische Repräsentation eines Konferenzzentrums mit mehreren (virtuellen) Stockwerken und auf jedem Stockwerk einen Veranstaltungsraum, in dem (kleinere oder grössere) Tischgruppen unterschiedlich angeordnet und benannt werden können. Mit einem Mausklick auf einen freien Sitzplatz bewegt man sich zu dem jeweiligen (Themen-)Tisch und eine Videokonferenzschaltung mit den dort befindlichen Personen wird aufgebaut. Allerdings wurde bei dieser Durchführung der Learning Innovation das damit gegebene Potenzial für Diskussionen und Arbeitsaufträge in Tischgruppen nicht ausgeschöpft – dafür war das Programm dann doch zu sehr auf Vorträge ausgerichtet.
Reflexionen und Lessons Learned
Die Macher der verschiedenen Veranstaltungen haben zum Teil reflektierend Rückschau auf die jeweiligen Umsetzungen gehalten.
Karlheinz Pape betitelt seinen ausführlichen, rückblickenden Blogbeitrag zu CLC20 DA auf colearn.de wie folgt: “Online-Events fördern (auch ohne Absicht) das selbstgesteuerte Lernen” und hält verschiedene Punkte fest:
Teilnehmende
- wählen einzelne Programmpunkte gezielt aus / praktizieren mehr Selbststeuerung;
- prüfen ständig, ob das weitere Dabei-Bleiben lohnt und können sich mit einem Mausklick anderen Aktivitäten zuwenden;
Beitragende / Teilgebende
- müssen sich genauer überlegen, wie sie ihre Beiträge ankündigen und
- wie sie ihre Beiträge so spannend aufbereiten, dass man dabei bleibt;
Veranstalter / Organisatoren
- können mit mehr Interessenten / Teilnehmenden rechnen (weil der Aufwand für eine Teilnahme geringer ist),
- müssen für informelle Programmelemente (z.B. Abendveranstaltungen) aber mit eher weniger Teilnehmenden rechnen,
- sollten modular wählbare Angebote zusammenstellen,
- sollten in Richtung zeitlich ausgedehnter Online-Events bzw. Community-Events denken.
Eine lesenswerte Reflexion findet sich auch zu einer Online-Veranstaltung, bei der ich gar nicht dabei war: Sebastian Horndasch, Leiter Öffentlichkeitsarbeit beim Hochschulforum Digitalisierung, blickt in einem ausführlichen Beitrag auf das University:Future Festival 2020 zurück. Das war eine grosse Veranstaltung – mehr als 2’800 Anmeldungen und mehr als 1’700 Teilnehmende.
Horndasch formuliert nicht nur 10 Lesssons Learned aus dem ersten online durchgeführten Festival, sondern teilt auch Ergebnisse der Event-Evaluation. Hier einige der aus meiner Sicht besonders interessanten Punkte:
- “Digitale Events sind anders. Und haben andere Vorteile.”
- es können Menschen teilnehmen, die sonst nicht hätten dabei sein können;
- die Zusammensetzung des Publikums ändert ständig;
- es muss immer wieder (neu) erklärt werden, was wie funktioniert;
- es gibt weniger Interaktionen mit anderen Teilnehmenden – der Austausch muss stärker unterstützt werden;
- “Digital ist günstiger – aber genauso aufwändig”
“Digital ist deutlich günstiger – zumindest bei den Sachkosten. Beim Personal sollte man dagegen bei Digitalevents keinesfalls sparen: Digital ist etwa genauso viel Arbeit wie analog.” - “Kein Zurück zum ‘alten Normal’ “
“Ein Zurück zum alten Modus der Veranstaltungsplanung kann es fürs Hochschulforum nicht geben. In Zukunft muss die Prämisse lauten: Digital first! Die Möglichkeiten zur Teilhabe und zur Interaktion müssen online dieselben sein wie offline. Wir können niemanden mehr deshalb ‘ausschließen’, weil eine physische Anreise nicht möglich ist.” - “Den Wald vor lauter Bäumen (nicht) sehen”
“Will man, dass Angebote genutzt werden, müssen die Barrieren so niedrig wie möglich sein. Bei einem digitalen Event viel mehr als beim physischen – denn ein Button lässt sich viel leichter ignorieren als ein physischer Stand. Zudem würde ich die Pausenzeiten etwas verlängern, um Teilnehmende stärker zum “explorieren” anzuregen.”
An dieser Stelle noch ein Hinweis: am 07.12. organisiert das Hochschulforum Digitalisierung eine Online-Veranstaltung zum Thema “Grosse Events digital erfolgreich umsetzen”.
“Digital First”? – Von den Zielen her denken
Aktuell haben wir keine Wahl – wir müssen Weiterbildungsevents digital umsetzen. Ich bin aber nicht sicher, ob die von Sebastian Horndasch formulierte Maxime “Digital First” auch noch nach der Pandemie der Startpunkt für die Planung und Umsetzung eines Weiterbildungsevents sein sollte. Ich denke vielmehr, dass wir von den Zielen her denken müssen. Und hier geht es aus meiner Sicht zunächst einmal darum zu klären, welche Zielsetzungen für die Veranstaltung im Vordergrund stehen:
- unverbindlich Orientierung in einem Themenfeld bieten;
- intensive fachliche Diskussionen bzw. nachhaltig wirksame Lernerfahrungen ermöglichen;
- Personen, die sich noch nicht kennen, zusammenbringen und beim fachbezogenen Netzwerken unterstützen;
- Personen, die sich bereits kennen, zusammenbringen und beim Pflegen / Erneuern ihrer (fachlichen) Beziehung unterstützen;
- das Abholen von Informationen und Ressourcen zum Thema ermöglichen;
- Anbieter und Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen zusammenbringen.
Das Design der Veranstaltung ebenso wie die Auswahl der unterstützenden technischen Plattform(en) muss sich daran orientieren, wie das Mischungsverhältnis dieser Zielsetzungen im konkreten Fall aussieht. Hinzu kommen aber auch normative Überlegungen: Welches Erlebnis sollen diejenigen haben, die bereit sind, viel Energie für eine Teilnahme aufzuwenden (z.B. Beteiligung über die ganze Zeit)? Und welches Erlebnis diejenigen, die nur kurz vorbeischauen und Informationen oder Ressourcen abholen wollen?
Ausgehend von den Zielen, die wir erreichen wollen, (und natürlich auch von den gegebenen Rahmenbedingungen) müssen wir dann über eine passende Umsetzung nachdenken. Dies betrifft Aktivitäten und Ablauf ebenso wie technische Werkzeuge. Daraus ergibt sich: “One size does not fit all” und – ergänzend dazu – one platform does not fit all.
Links zu ausgewählten Plattformen
(zuletzt aktualisiert 2020-12-16)
Die nachfolgende Auswahl beinhaltet keine Empfehlung für die genannten Plattformen. Ich kenne die nachfolgend angeführten Werkzeuge unterschiedlich gut – zum Teil aus eigener Nutzung, zum Teil aber auch nur von Beschreibungen auf Webseiten.
Nachtrag 04.12.2020
Einen ausführlichen Rückblick auf einen Kongress im Bereich Gesundheit / Pflege, der in einer 3D-Umgebung durchgeführt wurde (TriCAT Spaces Congress), hat Pia Wieteck auf linkedin veröffentlicht. Die zahlreichen Bildschirmfotos ermöglichen einen guten Einblick in die Umsetzung der Veranstaltung.
Nachtrag 09.02.2021
Das Gottlieb Duttweiler Institut hat im Rahmen der Vorbereitung einer Tagesveranstaltung zum Thema “Die Zukunft der Begegnungen” eine Info-Grafik erstellt, auf der eine Reihe von verschiedenen Meeting-Formaten und Anbietern aufgeführt sind:
[…] Ansonsten möchte ich ihm zustimmen, wenn er sagt, dass wir auch zukünftig, wenn Präsenz wieder möglich sein wird, mit den Zielen beginnen sollten, die wir mit einer Veranstaltung erreichen wollen, und mit den Rahmenbedingungen, die unser Spielfeld begrenzen. Im Unterschied zur Zeit „vor Corona“ können wir jetzt aber flexibler planen und handeln.Christoph Meier, scil-Blog, 2. Dezember 2020 […]