Die scil-blogger verabschieden sich für dieses Jahr in die wohlverdiente Pause über den Jahreswechsel.
Wir wünschen allen frohe und erholsame Festtage!
Archives for 2012
Wanted: Ein massgeschneidertes Reverse Mentoring-Konzept für den Schulkontext
In Bezug auf die – in meinem vorhergehenden Blog aufgeworfenen – Fragen “Wie könnte ein Reverse Mentoring-Konzept auf SEK II-Stufe ausgestaltet sein?” und “Existiert ein Bedarf bei Lehrpersonen oder auch Schulleitern für eine derartige Weiterbildungsmöglichkeit?” kann Folgendes festgehalten werden:
Das Gedankengut des Reverse Mentoring-Konzepts stellt eine potentielle neue und informelle Lern- und Entwicklungsoption für Lehrpersonen dar und stösst im schulischen Kontext durchaus auf Interesse. Doch eine Implementierung will gut überlegt sein. Insbesondere weil das Reverse Mentoring und seine Durchführung nicht ganz genau definiert sind. Soll die Teilnahme an einem schulinternen Reverse Mentoring-Programm beispielsweise obligatorisch für alle Lehrpersonen sein? Werden fixe Termine und Themen zur Bearbeitung vorgegeben? Können die Tandems eigenständig gebildet werden oder wird top-down zugeteilt?
Nebst diesen konkreten Fragestellungen zur Ausgestaltung einer solchen informellen Kompetenzentwicklungsoption ist auch abzuklären, ob denn überhaupt ein reales Bedürfnis sowie Bedarf nach Reverse Mentoring im Schulkontext besteht. Genau dies versuchte ich durch Interviews mit Schulleitern wie auch Lehrpersonen der SEK II-Stufe in der Region Ostschweiz herauszufinden. Aufgrund der Tatsache, dass die mannigfachen Anforderungen an Schulen im Allgemeinen und insbesondere auch an die Schulleitung und die Lehrpersonen vermehrt zunehmen und es Lehrpersonen häufig an der Zeit fehlt, konkrete formelle Weiterbildungsangebote zu besuchen (Seufert, 2012, S. 36), habe ich im Rahmen der Interviews auf reges Interesse am Reverse Mentoring gehofft. Und tatsächlich, die Interviewpartner zeigten sich positiv auf das Thema gestimmt. Es kann festgehalten werden, dass das Reverse Mentoring – unter gewissen Vorbehalten – durchaus eine erfolgversprechende Möglichkeit bieten könnte, um die informelle Weiterbildung von Lehrpersonen um ein Element erweitern zu können. So haben die Interviewpartner das Gedankengut des Reverse Mentoring generell als positiv quittiert. Besonders die Möglichkeit zur Reflexion des eigenen Unterrichts, dem Gewinnen von neuen Erkenntnissen durch andere Personen und die Möglichkeit sich austauschen zu können ist positiv angekommen. Durch die Gespräche wurden jedoch auch Wünsche sichtbar, die gewisse Optimierungen oder auch Abweichungen vom klassischen Reverse Mentoring – für den konkreten Einsatz im Schulkontext – durchaus erfordern. So sind insbesondere folgende Punkte zu beachten:
- Ein Reverse Mentoring-Programm wird vorwiegend dann als nützlich beurteilt, wenn genaue Zielvorgaben für die Durchführung bestehen. Von Seiten der Schulleiter wie auch aus Sicht der Lehrpersonen ist die Zielorientierung somit essentiell für eine erfolgversprechende und erwünschte Durchführung. Als übergeordnete Zielsetzung käme hierbei der gute Unterricht an und für sich in Frage, wobei zusätzlich auch noch spezifische Feinziele gefordert werden.
- Zwischenmenschliche Begebenheiten dürfen nicht unbeachtet bleiben. Gerade an einer Schule, die in unterschiedliche Fachbereiche aufgegliedert ist, sollen die Tandems sorgfältig und durchdacht gebildet werden. Harmonisieren die Partner nicht, wird der Output eines Reverse Mentoring als sehr gering eingestuft.
- Eine Durchführung soll erleichternd und nicht belastend für die Lehrpersonen wirken und als Hilfsmittel zur Bewältigung der steigenden Anforderungen eingesetzt werden. Insbesondere der Zeitbedarf ist genauestens abzuklären und einzuteilen.
Weiter zeichnet sich ab, dass ‘Reverse Mentoring’ als solches nicht den geeigneten Begriff für den Schulkontext darstellt. Er betont viel zu sehr eine einseitige Beziehungskonstellation, die so gar nicht intendiert und erwünscht ist. Vielmehr sollten der gemeinsame Austausch und das wechselseitige Profitieren von unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen vordergründig ersichtlich sein. Somit stellt sich mir die Frage, ob nicht eine treffendere Bezeichnung des Einsatzes der Reverse Mentoring-Grundidee im Schulkontext erforderlich ist?
Weiter ist eine Abgrenzung von bereits bestehenden Formaten wie zum Beispiel der kollegialen Beratung oder der Hospitation nötig. Welchen zusätzlichen Mehrwert bringt Reverse Mentoring (oder wie das Konzept künftig heissen soll) konkret?
Sicher ist, dass das Reverse Mentoring mit seinen Facetten generell gesagt ein spannendes Element zur Implementierung in den Schulkontext darstellt. Eine massgeschneiderte Lösung könnte durchaus Anklang bei den Schulen finden und ins Weiterbildungsprogramm aufgenommen werden.
In einem nächsten Schritt werde ich nun die Interviews mit den Schulleitern und Lehrpersonen systematisch auswerten. Dabei achte ich besonders auf geäusserte Bedürfnisse wie auch Hinweise zur Umsetzung. Was könnte ein tragfähiges Pilot-Konzept sein?
Also: Fortsetzung folgt…
Dazugehörige Quellen:
Seufert, S. (2012). Die digitale Revolution und die Evolution des Lehrens. Folio, 4, 36-37.
scil Kongress 2013: Das Programm ist online
Die Referenten und Themen des scil Kongresses 2013 sind ab heute online! Offene Punkte werden im neuen Jahr aktualisiert.
Wir freuen uns sehr, dass ein so vielfältiges Programm zustande gekommen ist!
http://www.scil.ch/fileadmin/Container/Leistungen/Kongresse/Kongress2013/Programm2013_121218.pdf
Es erwarten uns Inputs und Diskussionen zu den Themen: Intergenerationales Lernen, Mobile Learning, Online Communities, Change Management, Social Business Learning, Wege der Lernbegleitung und Wissensaustausch und Modelle fuer ein zukunftsorientiertes Lernen.
Bevor der Kongress losgeht findet am Vortag ein “Pre-conference Workshop” statt, bei dem aktuelle Trends im Bildungsmanagement im Zentrum stehen. Im Anschluss an die Konferenz findet ein “Post-conference Workshop” statt, an dem sich alles um das Thema “Innovation Spaces” dreht.
Wir halten Sie im Blog und auf unserer Website über das Kongressprogramm und die zwei Workshops im nächsten Jahr informiert.
Anmelden koennen Sie sich hier: www.scil.ch/congress
Im Westen nichts Neues – undercover students in MOOCs
Wieder mal ein Hinweis von Jochen Robes in seinem Weiterbildungsblog – vielen Dank nach Frankfurt!
Rolf Schulmeister, Sandra Hofhues und Burkhard Lehman haben – undercover – verschiedene Kurse bei Udacity und Coursera, Anbietern von Massive Open Online Courses (MOOCs), besucht.
Der Keynote-Vortrag von Rolf Schulmeister im Rahmen der Konferenz “Campus Innovation” in Hamburg entzaubert die didaktischen Konzepte und die Kursorganisation der in den letzten Monaten mit viel Aufmerksamkeit bedachten Anbieter Udacity und Coursera (auch wir haben ja in diesem Blog das Thema schon einmal aufgegriffen). Und er stellt am Ende sehr kritische Fragen zu den Geschäftsmodellen dieser Anbieter ( ‘kostenlose’ Kurse für Studierende im Austausch für Informationen zu diesen Studierenden, die dann potenziellen Arbeitgebern angeboten werden).
Wenn man sich für die Diskussion um MOOCs interessiert: hinklicken, ansehen!
Hier der Link zur Aufzeichnung des Vortrags
Und hier noch ein paar Screenshots, die ich mir beim Ansehen gemacht habe:
Kompetenzentwicklung für Social Media als Pflichtprogramm?
Jochen Robes hat mich über seinen Weblog auf einen Blog-Beitrag von Jeanne Meister für das Magazin Forbes von Ende Oktober aufmerksam gemacht. Wir hatten ja kürzlich in unserem Whitepaper zu “Social – Business – Learning” die These formuliert “3. Die Unterstützung erfolgreicher Geschäftstätigkeit von Bildungsorganisationen durch soziale Medien will gelernt sein”. In ihrem Beitrag zeigt Meister auf, wie Unternehmen den offensichtlich werdenden Kompetenzdefiziten ihrer Mitarbeitenden im Hinblick auf den Umgang mit sozialen Medien begegnen. Sie hat dazu PE-Verantwortliche grosser US-Amerikanischer Unternehmen wie Unisy, PepsiCo, HP und Sprint nach ihrem Vorgehen befragt.
Interessant finde ich die Feststellung von Meister, dass der Umgang mit Sozialen Medien bei diesen Unternehmen inzwischen nicht nur fester Bestandteil des Curriculums ist, sondern auch schon bei der Anwerbung und Integration neuer Mitarbeitender thematisiert wird. Meister zufolge sind Social Media Guidelines ein erster wichtiger Schritt um Kommunikationsdisaster zu verhindern. Darüber hinaus führen spezielle Traininigs zu Social Media Applikationen dazu, dass die Mitarbeitenden im Netz mit mehr Selbstsicherheit und Effektivität als Repräsentanten ihrer Unternehmen auftreten können.
Meister formuliert fünf Empfehlungen für die Kompetenzentwicklung zu Social Media. Diese Punkte sind – wie Jochen Robes richtig anmerkt – mehr auf organisatorische als auf didaktische Aspekte bezogen und muten zum Teil recht amerikanisch an, aber immerhin: ein Diskussionbeitrag:
- Früh anfangen
Bei Unisys ist die Information zu den Social Media Guidelines des Unternehmens Bestandteil des Einarbeitungsprozesses und soll bald sogar schon im den Prozess der Rekrutierung von Mitarbeitenden thematisiert werden. Auf diese Weise wird die Bedeutung des Themas Social Media für das Unternehmen herausgestellt. - Social Media Training als eigene Marke etablieren
Bei Sprint wurde für das Social Media Training, das übrigens aus einer kurzen Präsenzphase mit anschliessenden Aktivitäten in einer Lerngemeinschaft besteht, eine eigene Marke kreiert, die Prinzipien wie etwa Selbstbeherrschung oder zuvorkommendes Auftreten herausstellt: “Sprint Ninja”. - Anleitung & Hilfestellung geben
Mitarbeitende erleben sich bei der Nutzung von Sozialen Medien zum Teil in einer Grauzone zwischen “Arbeit” und “Nicht-Arbeit”. Hier helfen konkrete Anleitungen – etwa dahingehend, dass man eine Firmeninformation auch über den privaten Twitter-Kanal in den Bekannten- und Freundeskreis verbreiten kann, indem man einen Verweis auf den Bezug zum Arbeitgeber voranstellt (z.B. “donating my status to Sprint”). - Motivation über Elemente von Spielen und Wettbewerben
Auch wenn die Fähigkeiten zum Umgang mit Sozialen Medien derzeit hoch im Kurs stehen und Neuigkeitswert haben – letztlich übernehmen die Mitarbeitenden dabei doch neue Aufgaben und neue Verantwortung. Unternehmen wie HP und Unisys haben gute Erfahrungen mit spielerischen Elementen und Wettbewerben (z.B. Ranglisten) bei der Kompetenzentwicklung gemacht. - Kontinuierliche Weiterentwicklung
Neben herkömmlichen Trainings sind online Plattformen und Gemeinschaften ein wichtiges Element der kontinuierlichen Weiterentwicklung im Hinblick auf Social-Media Kompetenzen. Und auch die Vorgesetzten der Mitarbeitenden sind gefordert: sie müssen Raum für Gespräche über Social Media verfügbar machen, den Erfahrungsberichten aufmerksam zuhören und – wenn erforderlich – auch handeln.
EAPRIL Konferenz in Finnland
Ich war diese Woche von auf der Jahreskonferenz der European Association for Practitioner Research on Improving Learning (EAPRIL). Die Konferenz fand in Jyväskylä statt, der Hauptstadt der Region Zentralfinnland und der selbsternannten „City of Education“ (2 Hochschulen mit insgesamt ca. 45‘000 Studierenden; die örtliche Fachhochschule – JAMK – beherbergt das wohl angesehenste Ausbildungszentrum für Lehrpersonen in Finnland) und „City of Light“ (zahlreiche Lichtinstallationen über die ganze Stadt verstreut – schön anzuschauen, wenn denn der Wind nicht gerade so kalt durch die Stadt fegt…).
Das Motto der Konferenz war „Creating Competence – Innovations in Learning and Development“ (hier das Programm). Den eindrücklichen Auftakvortrag lieferte Pasi Sahlberg vom finnischen Bildungsministerium: “Lessons from Finnland: What can the world learn from educational change in Finnland?“ (dies ist auch der Titel seines aktuellen Buchs). Vor dem Hintergrund der aktuellen Ergebnisse von PISA 2012, zu denen er schon vorab Zugang hatte und die wiederum Finnland ganz vorne zeigen, entwickelte er seine Beitrag. Er zeigte er auf, dass das finnische Bildungssystem nicht immer mit hervorragenden Bildungsergebnissen hervorstach. Vielmehr hat sich Finnland in den letzten 25 Jahren von einem hinteren Platz im weltweiten Vergleich auf einen Spitzenplatz vorgearbeitet. Aus seiner Sicht sind Marktmechanismen (z.B. Wettbewerb zwischen Schulen um Ressourcen und Schüler) nicht so erfolgreich im Hinblick auf die Verfügbarkeit guter Bildung, wie deren Verfechter oft anführen. Seine Analysen der Ergebnisse internationaler Bildungsvergleiche zeigen vielmehr, dass die Länder besonders erfolgreich sind, die möglichst gleichmässige Voraussetzungen über das gesamte Bildungssystem anstreben. Die „Lehren“, die andere Nationen aus den finnischen Erfahrungen ziehen können, sind ihm zufolge dann auch:
- “more collaboration in the educational system, less competition”;
- “more trust-based responsibility for educational institutions, less test-based accountability”;
- “more evidence-based policies, less experimentation with children”.
In der Sektion “Workplace Learning” haben wir einen kurzen Beitrag zu unseren laufenden Arbeiten im Bereich informelles Lernen vorgestellt: “Leaders as learning facilitators – learnscapes, prerequisites for learning & field of action”:
Wie lässt sich kollektives Innovationslernen in Organisationen inszenieren?
Dies ist die Leitfrage, die Uwe Wilkesmann in seinem Buch Lernen in Organisationen nachgeht (ursprünglich seine Habilitationsschrift in Soziologie). Organisationales Lernen wird dabei verstanden nicht als „Einschleifen“ von Routinen, sondern eine Innovation, die Routinen verändert. Mit Inszenierung meint er nicht „Theater“, sondern die geplante Förderung von Lernen in Organisationen als kollektives Lernen. In seiner Arbeit entwickelt er ein Modell kollektiven Innovationslernens in Organisationen, unter welchen Netzwerkstrukturen Innovationsspiele möglich sind und wie sie in der Organisation umgesetzt werden. Dabei untersuchte er Rahmenbedingungen zur Unterstützung und Sicherung von Problemlösungslernen, insbesondere von Netzwerkstrukturen (Projektgruppen, Qualitätszirkel/ Lernstatt, Methodentraining und intrinsische Motivation sowie individuelles Commitment). Interessante Hinweise liefern auch die Überlegungen, kreative Widersprüche, z.B. über Benchmarking, Organisationsberatung und Kundeninvolvierung zu erzeugen sowie Anreize für das Problemlösungslernen durch Führung und peer rating. Er untersuchte fünf Fallbeispiele als „Orte des kollektiven Lernens“. Seine Befunde zeigen: kollektives Innovationslernen ist gestaltbar. Innerhalb welcher Netzwerkstrukturen es wahrscheinlich wird, hängt beispielsweise davon ab, ob die Möglichkeit zu viel Metadiskussion zugelassen wird, das Prinzip der überlappenden Gruppen vorliegt oder die Funktion eines innerbetrieblichen change agents eingesetzt wird.
Die Arbeit ist bereits in 1999 erschienen, erscheint mir aber angesichts der Entwicklungen rund um Social Business Learning, Enterprise 2.0 oder generell für das Arbeiten und Lernen in zunehmend vernetzten Strukturen, hoch aktuell. Sie trifft m.E. eine Kernfrage. Aus der theoretisch angelegten Arbeit lassen sich erste Hinweise ableiten, wie das Bildungsmanagement in Organisationen die Rahmenbedingungen für kollektives Innovationslernen gestalten („inszenieren“) kann. Für die praktikable Vertiefung und Umsetzung sind sicherlich noch weitere Arbeiten notwendig, da bleiben wir dran…
"scil Learning Days 2013": Workshops rund um aktuelle Themen im Bildungsmanagement
Die “Learning Days” stellen ein Lernen “von- und miteinander” in den Fokus. Scil schafft den Rahmen, definiert das Leitthema und bietet Lernmöglichkeiten an, die ein praktisches Ausprobieren ermöglichen. In 2013 stehen 3 Workshops zur Auswahl (1 Tag):
„New ways of Learning & Knowledge Communication“ – Kuratieren, Visualisieren und Moderieren von Wissen und Lernressourcen (Termin: 06. März 2013)
In diesem Workshop werden Sie Visualisierungstechniken zum Einsatz in Seminaren und Projekten kennen lernen und erproben. Es werden verschiedene Methoden und Instrumente vorgestellt, um Seminare und Projekte mit Zeichnungen, Bildern und Metaphern anzureichern. Darüber hinaus werden Sie Vorgehensweisen und Werkzeuge zum Sammeln, Kommentieren und Verbreiten von Inhalten aus dem WWW kennen lernen und erproben. Hierfür ist es sinnvoll, wenn Sie eigene Themen und ggfs. Bookmark-Sammlungen, sowie Ihr eigenes Notebook mitbringen.
„Design Thinking Lab: The future of learning“ – Trends im Bildungsmanagement identifizieren und mitgestalten (Termin: 05. Juni 2013)
In diesem Workshop lernen Sie die Ergebnisse der scil-Trendstudie 2012/2013 kennen, sowie konsolidierte Ergebnisse weiterer Trendstudien aus dem Themenbereich des Bildungsmanagements. Diese Trends können Sie auf die Relevanz für Ihre eigene Organisation hin bewerten. In einem zweiten Teil des Workshops geht es um die gemeinsame Entwicklung von Zukunftsszenarien und deren Reflexion für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Kompetenzentwicklung. Dieser Learning Day ist die „Pre-Conference“ zum scil Kongress 2013 (www.scil.ch/kongress)
„Learning Spaces: Thinking out of the Box“ – Physische und digitale Lernräume ermöglichen und gestalten (Termin: 09. Oktober 2013)
Dieser Workshop beinhaltet eine Exkursion zu den kreativen Lernräumen von Swisscom (Bern/Schweiz). Es wird die Frage diskutiert, wie physische Räume gestaltet sein sollten, um Lernprozesse optimal zu ermöglichen. Ebenso steht die Frage im Fokus wie Lernräume, im Sinne von informellen und virtuellen Lernangeboten, in Organisationen gedacht und erfolgreich implementiert werden können. Es werden verschiedene Szenarien diskutiert, vorgestellt und praktisch ausprobiert.
Anmeldung unter: www.scil.ch/anmeldung
Auf dem Weg zu Social – Business – Learning: Adidas
Vor wenigen Tagen hatte ich ja hier einen konzeptionellen Beitrag zum Thema “Social – Business – Learning” gepostet. Kurz darauf bin ich über Jochen Robes auf einen Beitrag von Karlheinz Pape gestossen, der ausführlich von einem Treffen bei Adidas berichtet. Dort scheint ein neuer Wind Einzug gehalten zu haben. Eine Open Corporate University wird aufgebaut die sich – ganz im Sinne unseres Whitepapers – als Ermöglicher von Austausch und Lernen versteht. Leitlinien sind “self-driven life-long learning” und “working is learning & learning is working”.
Die Open Corporate University versteht sich als Unterstützer hierarchieübergreifender Zusammenarbeit und bietet die Infrastruktur für eine möglichst einfache Nutzung verschiedener Formen des Austauschs (Wikis, Foren, Podcasts, Video-Botschaften etc.) durch alle Mitarbeitenden.
Und vielleicht bald auch darüber hinaus: Karlheinz Pape zitiert Christian Kuhna, den Leiter der Corporate University wie folgt: „Die Öffnung der Corporate University für Externe erweitert auf jeden Fall die Perspektiven, für alle Beteiligten”. Und Karlheinz Pape schliesst: “Man spürt die Networking-Kultur, die hier schon gelebt wird.”
Social – Business – Learning: müssen sich Bildungsorganisationen neu aufstellen?
Bildungsorganisationen sehen sich neuen Herausforderungen gegenüber und müssen ihre gegenwärtige Positionierung hinterfragen. Zu den dahinter liegenden Treibern gehören Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft (u.a. die weiter voranschreitende Digitalisierung von Arbeitswelten, das Abflachen von Hierarchien und neue Führungsphilosophien), Entwicklungen im Bildungsmarkt (u.a. zunehmende Bedeutung informellen Lernens und die Verfügbarkeit von offenen Lerneinheiten und Kursen – vgl. Khan Academy, Coursera und die OER-Bewegung), technologische Entwicklungen (u.a. Social Media und mobiles Internet) und Kundenanforderungen (u.a. nach massgeschneiderten Unterstützungs- und Entwicklungsangeboten).
Wir leiten aus diesen Entwicklungen folgende Thesen ab:
- Die sozialen Medien sind für Bildungsorganisationen geschäftsrelevant (‚learning as social business‘) und sie unterstützen Lernen (‚social learning‘).
- Die Unterstützung erfolgreicher Geschäftstätigkeit von Bildungsorganisationen durch soziale Medien (z. B. Bildungsmarketing) will gelernt sein (‚learning social business‘).
- Arbeiten heisst Lernen und Lernen findet beim Arbeiten statt – auf individueller wie auf organisationaler Ebene (‚business is learning, learning is business‘).
- Bildungsorganisationen müssen sich neu positionieren: als Gestalter von Lernlandschaften Lernen und Entwicklung in Organisationen im umfassenden Sinn ermöglichen und ‚social business learning‘ fördern.
Daraus ergeben sich verschiedene Anforderungen an Bildungsorganisationen:
- Fähigkeit zur Initiierung, Umsetzung und nachhaltigen Verankerung von Bildungsinnovationen;
- Strategie-konformer Zuschnitt des Leistungsportfolios und Zuweisung von Ressourcen;
- Mitwirkung an dern Anpassung von Rahmenbedingungen für Lernen;
- Anpassung der eigenen Leistungsprozesse als Bildungsorganisation;
- Anpassung des eigenen Geschäftsmodells als Bildungsorganisation.
Diese Entwicklungen und Thesen werden im neuen scil Whitepaper erläutert, das hier geladen werden kann: Whitepaper_SocBusLearning_2013-01-16
Tagungen und Konferenzen zu Technologie- und mediengestütztem Lernen
Eine sehr umfangreiche Übersicht zu Tagungen und Konferenzen zu Technologie- und mediengestütztem Lernen (und z.T. auch darüber hinaus) – Veranstaltungen in Nordamerika stehen im Vordergrund, aber es werden auch Veranstaltungen weltweit aufgeführt:
via http://rickscafe.wordpress.com/2012/11/12/educational-technology-and-related-education-conferences-updated/
Beitrag zu "Learning Value Management" in "Personalentwicklung 2013"
Das zuvor unter dem Titel “Jahrbuch Personalentwicklung” jährlich von Karlheinz Schwuchow und Joachim Gutmann herausgegebene Werk heisst jetzt “Personalentwicklung 2013” und ist bei Haufe erschienen.
Die Themenbereiche in diesem Sammelband sind:
- Personalentwicklung: Trends und Zukunftsstrategien
u.a. mit Beiträgen zum Thema ‘Business Partner’ und ‘Steering Partner’ sowie zu Fragen der Globalisierung - Management der Personalentwicklung: Herausforderungen und Konzepte
u.a. mit Beiträgen zu Führungskräften als Talentmanager und change management durch die PE - Personalentwicklung: Zielgruppen, Methoden und Instrumente
u.a. mit Beiträgen zu Personalentwicklung und Gesundheitsmanagement, lebenslangem Lernen und Bildungscontrolling.
In dem zuletzt genannten Bereich ist auch ein Beitrag von mir zu “Learning Value Management” erschienen.
Learning Value Management (LVM) bezeichnet eine konsequent auf die Erwartungen relevanter Anspruchsgruppen ausgerichtete Bestimmung und Überprüfung von Zielen und Wertbeitrag im Bereich der Bildungsarbeit. Die Bezeichnung „Learning Value Management“ verweist auf verschiedene Erweiterungen gegenüber etablierten Ansätzen für Bildungscontrolling:
- Learning
Es geht um mehr als klassische Schulungen und Trainings. Das informelle Lernen (am Arbeitsplatz oder anderswo) in seinen verschiedenen Spielarten ist eine wichtige Quelle von Wissen und Kompetenzen und darf nicht aussen vor bleiben.
- Value
Der Wert von Lernen und Kompetenzentwicklung wird nicht von den Personalentwicklern definiert, sondern von den Leistungsempfängern. Die Orientierung an den Anspruchsgruppen der Personalentwicklung steht folglich am Anfang (Auftragsklärung) und am Ende des Bildungsprozesses (Kommunikation von Ergebnissen und Ableitung von Massnahmen). Im Mittelpunkt steht der „Return on Expectations“.
- Management
Die verbreitete Wahrnehmung, dass Bildungsbereiche eine vergleichsweise geringe Geschäftsrelevanz aufweisen, wird auf eine verfehlte Ausrichtung von Bildungsorganisationen zurückgeführt. Die Maxime muss lauten: “lieber weniger und dafür konsequent auf Geschäftsnutzen ausgerichtete Bildungsarbeit”. Eine der wichtigsten Aufgaben der Bildungsverantwortlichen besteht somit darin, die Ausrichtung auf und die Verantwortung für die angestrebten Veränderungsziele (z. B. Leistungssteigerungen in der Folgen von Trainings) in der Organisation bzw. bei zentralen Partnern (Teilnehmenden, deren Vorgesetzten, Trainern und Leitungsebenen) zu verankern.
Dieser Beitrag ergänzt unseren aus dem Innovationskreis “Learning Value Management” hervorgegangenen scil-Arbeitsbericht zu ‘Learning Value Management’ und beschreibt zwei Beispiele für die Umsetzung: Anspruchsgruppen-orientierte Trainingserfolgsmessung bei einem Bildungsdienstleister in der Automobilindustrie und Learning Value Audit für IT- und Prozesstrainings.
Hier der Beitrag: Meier_LVM-WB-wertorientiert-steuern_2012
'Reverse Mentoring in Action' – Erfahrungswerte aus der Praxis
Wie bereits angekündigt, habe ich mich auf die Suche nach “Good Practice”-Anwendungen von Reverse Mentoring begeben und diese etwas näher betrachtet. Dabei stand die Frage, welche Erfahrungswerte zum Reverse Mentoring bereits existieren, im Fokus. Meine Recherchen haben gezeigt, dass beispielsweise DELL, Nokia, die Deutsche Telekom, General Electric, die Lufthansa, Time Warner, die Wharton School oder auch die California State University San Bernardino bereits zu den Anwendern oder zumindest Kennern und ‘Erwähnern’ von Reverse Mentoring gehören. Eine besonders vertiefte Auseinandersetzung mit Reverse Mentoring hat an der California State University San Bernardino im Rahmen eines Projekts zum Thema Technology Training stattgefunden.
Nachfolgend die Fakten zu diesem Projekt:
Ausgangslage Diejenigen Generationen, die in eine fortschrittlich technologisierte Welt hineingeboren werden, sind mit digitalen Technologien vertraut und können diese einfach adaptieren. Die meisten der Schulen sind heutzutage zudem mit dem Internet vernetzt. Doch viele der Lehrpersonen oder auch Vorgesetzten fühlen sich nicht kompetent genug, Technologien in ihrem Unterricht / in ihrem Berufsalltag einzusetzen. Dies ist der Grund, weshalb das Technologie Training an Bedeutung gewinnt und an der California State University San Bernardino untersucht wurde. Im Projekt fungierten Studierende des Master-Studiengangs des Instructional Technology (IT) Programmes als Mentoren von Professoren ihrer Universität.
Das Service Learning und das Reverse Mentoring werden von Amy S. C. Leh, der Initiantin dieses Projekts, als die Highlights des ganzen Projekts bezeichnet. Dies unter anderem, weil sich das Training mit Reverse Mentoring als sehr flexibel und für Mentoren wie auch Mentees als wertvoll erwiesen hat. Besonders auf Seiten der Mentoren wird betont, dass die mitwirkenden Studierenden durch das Reverse Mentoring an Selbstvertrauen und Erfahrungsschatz dazu gewinnen konnten und sie Stolz waren, ihren Professoren zur Seite stehen zu können. Nicht zu vergessen: der ausgewiesene und auch primär intendierte Fortschritt im Bereich Technologien, den die Professoren durch die Teilnahme am Reverse Mentoring-Projekt verzeichneten. Trotz der positiven Schlussbilanz, die am Ende des Projekts mit Hinblick auf das Reverse Mentoring-Konzept gezogen wurde, sind auch Verbesserungspotenziale bei der Durchführung aufgetaucht. So haben sich die budgetierten Zeitfenster als zu knapp herausgestellt. Nur schon die Kontaktaufnahme zwischen Studierenden und Dozierenden hat ihre Zeit beansprucht und es hätte effektiv auch mehr als ein Semester benötigt, damit die Mentor-Mentee-Beziehung so richtig zu florieren begonnen hätte. Ferner zeigte sich das Commitment beider Parteien als elementarer Bestandteil für die optimale Umsetzung des Konzepts.
Ähnliche, aber auch zusätzliche Erfahrungen hat die Deutsche Telekom bei der Anwendung von Reverse Mentoring gesammelt:
Ausgangslage Digital Natives sollen das Top-Management der Deutschen Telekom mit dem Web 2.0 vertraut machen. Vordergründiges Ziel dabei ist der Wissenstransfer zwischen den unterschiedlichen Generationen. Dafür werden junge, webbegeisterte und sendebewusste Mentoren eingesetzt, die ihre Erfahrungen an interessierte Manager weitergeben.
Bei der Deutschen Telekom werden die Mentoren-Mentee-Teams als Tandems bezeichnet. Ständig sind zwischen 20 und 30 dieser Tandems aktiv. Dabei werden Themen wie Facebook, Twitter, Wikis und Blogs aber auch die Thematik Enterprise 2.0 behandelt. Die Deutsche Telekom handhabt das Konzept so, dass sie einen Pool führt, bei welchem sich interessierte Mitarbeiter registrieren können. Die Häufigkeit und Regelmässigkeit der Treffen sowie die Themen-Schwerpunkte können von den intergenerationalen Tandems selbst festgelegt werden. Als Orientierung dafür wird ihnen ein Leitfaden zur Verfügung gestellt. Bei der Deutschen Telekom hat das Reverse Mentoring Projektcharakter. Als Hindernisse werden die Hierarchiestufen betrachtet, welche sich unter Umständen als Kommunikationsbarrieren herausstellen können.
Aus diesen beiden exemplarischen Beispielen von zwei unterschiedlichen Organisationen können bereits erste Merkpunkte für die mögliche Anwendung des Reverse Mentoring, etwa im Schulkontext, gewonnen werden.
Erfahrungswerte der California State University San Bernardino und der Deutschen Telekom mit Reverse Mentoring
– Das Commitment von Mentoren wie auch Mentees ist elementar für das Gelingen einer erfolgreichen Reverse Mentoring-Durchführung
– Der Zeit- und ‘Kennenlern’-Bedarf darf nicht unterschätzt werden, zwischenmenschliche Beziehungen sollen sorgfältig aufgebaut werden können
– Es bietet sich an, die Themenschwerpunkte individuell bestimmen zu lassen, um die persönlichen Bedürfnisse möglichst treffend bedienen zu können
– Die Teilnahme an einem Reverse Mentoring-Programm generiert Mehrwerte für Mentoren wie auch Mentees; das wechselseitige Profitieren kann als Pluspunkt des Konzepts angesehen werden
Diese gewonnenen Erkenntnisse zum ‘Reverse Mentoring in Action’ zeigen das Potenzial auf, welches dieses Konzept in sich birgt. Nebst neuen Kontakten und dem Austausch zwischen jüngeren und älteren Generationen können bei beiden Seiten Kompetenzen durch das Reverse Mentoring entwickelt sowie weiterentwickelt werden. Wie könnte ein solches Konzept zum Beispiel auf SEK II-Stufe ausgestaltet sein? Existiert ein Bedarf bei Lehrpersonen oder auch Schulleitern für eine derartige Weiterbildungsmöglichkeit? Dies sind Fragen, denen ich nachgehen werde.
Dazugehörige Quellen:
Deutsche Telekom AG. (2012). Reiseführer durch Web 2.0-Welt. Abgerufen von http://www.telekom.com/karriere/warum-telekom/23316
Leh, A. S. C. (2005). Lessons learned from service learning and reverse mentoring in faculty development: A case study in technology training. Journal of Technology and Teachers Education, 13(1), 25-41.
Vogel, M. (2012). Reverse Mentoring: Alt lernt von Jung. Abgerufen von http://arbeitgeber.monster.ch/hr/personal-tipps/personalmanagement/personalfuhrung-entwicklung/reverse-mentoring-training-coaching-weiterbildung-099706.aspx
Die Liste der "Top-Learning-Tools 2012" ist erschienen!
Jane Hart vom Centre for Learning and Performance Technologies (C4LPT) hat wieder die Liste der Top 100 Learning-Tools auf ihrer Homepage veröffentlicht: http://c4lpt.co.uk/top-100-tools-2012/
Twitter ist auf Platz 1 – in der persönlichen Nutzung und in der Nutzung im Bildungsbereich. Es würde mich interessieren, wie Twitter im Kontext des Bildungsbereichs konkret eingesetzt wird, bzw. ob es über “Marketingaktivitäten” bzw. “Wissensaustausch” hinausgeht.
Weitere Ergebnisse: Platz 2: Youtube, Platz 3: Google Docs/Drive, Platz 4: Google Search, Platz 5: WordPress
Interessant ist das die sog. “Curation Tools” (filtern vom Web-Inhalten) Aufwind erleben. Hierauf hat mein Kollege in einem früheren Blogbeitrag hingewiesen: https://www.scil.ch/2012/10/26/webinhalte-kuratieren-als-lernszenario-viele-werkzeuge-wenige-beispiele/
Auf slideshare finden Sie weitere Informationen zu der Umfrage 2012 und alle Tools werden kurz vorgestellt: http://de.slideshare.net/janehart/toptools2012?ref=http://c4lpt.co.uk/top-100-tools-2012/
Weiterbildung verändert sich: und das Controlling?
Emmerich Stoffel, HR Swisscom und unser Partner im Innovationskreis (zusammen mit Roland Brunner der Swisscom) im Gespräch um die Herausforderungen in der Weiterbildung. Die internen Auseinandersetzungen mit den Controllern können sicherlich viele nachvollziehen. Diese “Grabenkämpfe” zeigen auf, wie schwierig es ist, Arbeiten&Lernen in der Praxis zusammen zu führen…
Auszug aus der NZZ vom 1. Nov. 2012:
“Grosses Augenmerk legt Stoffel auf die rund 3500 Beschäftigten, die in den Callcentern in ständigem Kontakt mit der Kundschaft stehen. Sie informieren die Kunden nicht nur über die zahlreichen Preisangebote des Telekomunternehmens, sondern sie müssen auch Kenntnisse über die technischen Details der Produktpalette haben. Und schliesslich spielen sie oft den Blitzableiter, wenn unzufriedene Kunden am Telefon ihren Frust loswerden wollen. Nach Angaben von Stoffel werden diese Servicekräfte jährlich an bis zu zehn Tagen weitergebildet; für den Rest der Swisscom-Beschäftigten dürfte der Durchschnittswert zwischen fünf und sechs Tagen liegen, rechnet Stoffel vor.
Der Telekomanbieter lässt sich das etwas kosten. Ohne den Betrag genau zu beziffern, gibt die Swisscom nach Stoffels Worten jährlich einen «zweistelligen Millionenbetrag» für die Weiterbildung aus. Allerdings dürften Stoffel und seine Personalabteilung sich des Öfteren mit den Controllern in die Haare kriegen. Denn oft sind die Massnahmen in der Kostenrechnung nicht eindeutig zurechenbar. Handelt es sich nun um eine Fortbildung, oder entstehen die Kosten im Zusammenhang mit einem laufenden Projekt?”
Mehr Akademiker, mehr Arbeitslose? Ergo weniger, aber bessere Maturanden? Oder einfache Antworten auf Fragen von gestern für Probleme von morgen?
Ab 2013 hat die Schweiz erstmalig einen Bildungsminister. In der NZZ am Sonntag vom 28.10.2012 ist unter dem Titel zu lesen: “Schneider-Ammann will Ansturm auf Gymnasien bremsen. Der künftige Schweizer Bildungsminister fordert dafür eine Aufwertung der Lehre”:
„Je mehr Maturanden, desto grösser die Arbeitslosigkeit. Die Zahl der Maturanden nimmt in der Schweiz kontinuierlich zu, bereits jeder fünfte junge Erwachsene erlangt eine gymnasiale Maturität. Von 1985 bis 2010 stieg die Quote von 12 auf 20 Prozent. Sie sollte nicht mehr weiter zunehmen. Ich hätte lieber etwas weniger, dafür bessere Maturanden.“
Ich frage mich, was unsere Erstsemester, vor ein paar Wochen noch Maturanden, über dieses Interview denken – zur Erinnerung: es ist das erste Interview des künftigen Bildungsministers. Sie bekommen zu hören: wir sind eigentlich zu viele und nicht gut genug, aber er will uns eigentlich schützen, damit wir nicht arbeitslos werden. Die Ostschweizer Studierenden sind vermutlich froh, sie gehören ja eher zu den 12 Prozent und vermutlich zu den „Besseren“. Die Westschweizer fühlen sich vermutlich hingegen diskriminiert – was kann ich denn dafür, eine Westschweizer Matura zu haben, wo 20+ Prozent üblich sind?
Die Frage, die sich dabei stellt, ist nicht trivial: was heisst eigentlich „besser“? Besser in Mathe, um an der ETH studieren zu können? Besser darin, Selbstverantwortung übernehmen zu können, in einer Welt, die zunehmend durch Unsicherheit geprägt ist – wo Wandel als einzige Konstante gilt? Mir kommt dabei auch ein interessantes Referat von Prof. Frey, Sozialpsychologe an der Uni München, in den Sinn. Er empfahl Arbeitgebern, nicht nur auf die Noten der Bewerber zu schauen. Diejenigen mit den allerbesten Noten hätten nie gelernt, mit Misserfolgen umzugehen. Also auch der „heimliche Lehrplan“ zählt. Dieses Statement erntete viel Kopfnicken. Waren darunter auch diejenigen, die selbst Bestnoten hatten? Was ich mit dieser Diskussion auf den Punkt bringen will: Die Diskussion um „Besser“ ist normativ, es ist immer eine subjektive Bewertung und in grossem Masse abhängig von der eigenen Lern- und Berufsbiographie. Ein „Besser“ mit dem Anspruch, die Besten selektieren zu wollen, birgt immer die Gefahr, sich einzig auf das zu konzentrieren, was einfach und Rekurs fähig zu prüfen ist. In Albert Einstein’s Büro in Princeton hing das Schild “Not everything that counts can be counted, and not everything that can be counted counts”.
Im besagten Interview mit der NZZ ist eine Ursache sowie ein Lösungsansatz skizziert: „Der Druck auf die Gymnasien nimmt nicht zuletzt wegen der Zuwanderung aus dem benachbarten Ausland zu. Immigrantenfamilien können laut Schneider-Ammann den Wert der Berufsbildung nicht richtig einschätzen. «Und dann wollen sie ihre Kinder um jeden Preis eine Matur machen lassen.» Er will diesen Eltern aufzeigen, dass das Bildungsangebot in der Schweiz viel breiter ist.“
Im Grund genommen bedeutet dieser Ansatz, Angebot und Nachfrage durch mehr Information und Aufklärung besser zusammen zu führen. Meine These ist jedoch, dass dies weder die regionalen Probleme mit offenen Lehrstellen lösen wird, Jugendliche wird es auch künftig in die Stadt ziehen. Noch wird es die Eltern aus den angesprochenen Immigrantenfamilien davon abhalten, ihren Nachwuchs auf private Schulen zu schicken.
Im Nachbarland Österreich (hat wie die Schweiz und Deutschland ebenfalls das duale Berufsbildungssystem) bestimmt die genau entgegengesetzte Forderung das Meinungsbild: „steigende Akademikerquoten sichern die Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit“, so Andreas Schleicher, OECD-Bildungsexperte in der österreichischen Zeitschrift Format. Die von der OECD und vielen Bildungspolitikern implizite Gleichstellung von “Höherqualifiziert” = “Akademisierung” ist m.E. genauso kritisch zu hinterfragen und wird einem Bildungssystem mit einem breit gefächerten Portfolio der beruflichen Bildung überhaupt nicht gerecht. In diesem Punkt ist BR Schneider-Ammann ja zu unterstützen, der Berufsbildung auch künftig einen hohen Stellenwert im Bildungssystem einzuräumen.
Meine Kollegin Monika Bütler (VWL-Professorin) weist in ihrem Blog-Kommentar an dieser Stelle auf den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität hin (http://www.batz.ch/). Ihrer Ansicht nach ist es “am wahrscheinlichsten, dass nicht die Maturandenquote die Arbeitslosigkeit oder umgekehrt beeinflusst, sondern dass gemeinsame unterliegende Ursachen massgeblich sind, die sowohl die Arbeitslosigkeit wie auch die Maturandenquote beeinflussen (wie z.B. verfehlte Bildungspolitik und ein überregulierter Arbeitsmarkt, der es den Unternehmen kaum möglich macht, Lehrlinge auszubilden)”.
Kurzum: die Diskussion um “Berufslehre oder Akademisierung” führt zu Antworten auf Fragen von gestern für Probleme von morgen…
Möchte hier auch auf den Beitrag von Frau Muralt (SSAB), vom Juli 2012 in der NZZ verweisen:
http://www.nzz.ch/meinung/debatte/berufslehre-contra-akademisierung-1.17368045
„Diese «Grabenkriege» sind unnötig. Sie gehen von falschen Fragestellungen aus. Zu fragen ist nicht in erster Linie, wie sich das schweizerische Bildungswesen im internationalisierten Umfeld einzupassen habe. Zu fragen ist vielmehr, wie Bildungssysteme den neuen Anforderungen der sich rasch entwickelnden Informations- und Wissensgesellschaft entsprechen können. Diese Frage müssen sich alle Länder stellen, und es besteht überall Anpassungsbedarf…“
Webinhalte kuratieren als Lernszenario: viele Werkzeuge, wenige Beispiele
Vor etwa zwei Wochen begann ich damit, eine hochschuldidaktische Weiterbildung zum Thema “Neue Medien in der Lehre” vorzubereiten – unter anderem hatte ich da ein Übersichtsdokument mit Informationen zu offenen Lernressourcen (Open Educational Resources) das zu aktualisieren war. Am gleichen Tag stiess ich über einen Blogpost von Jochen Robes wieder einmal auf das Thema ‘Kuratieren von Ressourcen im WWW’. Ich beschloss, mein Übersichtsdokument nicht mehr zu aktualisieren und statt dessen die dort gesammelten Informationen über einen Dienst für ‘social content curation’ verfügbar zu machen (vgl. den Link zur Sammlung “Webinhalte kuratieren” unten).
Was heisst das, Webinhalte kuratieren? In der gleichen Sammlung findet sich auch ein Link zu einem Vortrag von Corinne Weisgerber, in dem sie dieses genauer ausführt. Im Kern geht es darum Inhalte zu finden, auszuwählen, zu kontextualisieren, anzuordnen, zu publizieren und ins Gespräch zu bringen.
Als Lern- und Arbeitsform ist das Kuratieren von Webinhalten – so die Aussage in einem “7 things you should know about social content curation” von Educause – vor allem in solchen Ausbildungsfeldern relevant, in denen visuelle Darstellungsformen eine grosse Rolle spielen (z.B. Marketing, Architektur & Design). Ich persönlich sehe das Einsatzfeld aber weiter, vorausgesetzt, dass von Seiten der Lehrpersonen sinnvolle Arbeitsaufträge und Feedback-Prozesse entwickelt werden. Schliesslich beschränkt sich die unglaubliche Fülle von im Web verfügbaren Materialien nicht auf Webseiten, Weblogs, Bilder, Videos und Podcasts. Über das Directory of Open Access Journals sind derzeit mehr als 8’000 frei zugängliche wissenschaftliche online-Zeitschriften verfügbar und über Gallica mehr als eine Million französischsprachige Bücher, Manuskripte, Karten usw. – die Deutsche Digitale Bibliothek soll übrigens in diesem Herbst an den Start gehen (vgl. die ‘scoops’ in der Sammlung zu OER, unten).
Die Anzahl der Dienste für ‘social content curation’ ist beeindruckend (vgl. eine Webseite, die 53 solcher Dienste listet und vergleicht – ebenfalls in der Sammlung zu ‘Content Curation’ unten).
Die Anzahl der Artikel dazu, wie bedeutsam das Kuratieren von Webinhalten jetzt schon ist und künftig sein wird kontrastiert stark mit dem von mir wahrgenommenen Mangel an Beispielen für die Umsetzung als Lernszenario.
Denn gibt es aus meiner Sicht noch viele offene Fragen: Wie kann das Kuratieren von Inhalten auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Weiterbildungen sinnvoll eingesetzt werden? Worauf muss man beim Formulieren von Arbeitsaufträgen dazu achten? Was sind geeignete Kriterien, um die Ausarbeitungen der Lernenden zu bewerten (sofern dies erforderlich ist)? Wie gestaltet man die (gemeinsame) Sichtung und die weitere Verdichtung der (vermutlich) zahlreichen Funde?
Ich freue mich über Beispiele Hinweise dazu!
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Hier der Link zur Sammlung zu Webinhalte Kuratieren als Lernszenario:
http://www.scoop.it/t/lernszenario-webinhalte-kuratieren
Und hier der Link zur Sammlung zu Open Educational Resources:
http://www.scoop.it/t/open-educational-resources-and-open-courses
scoop it ist einfach zu bedienen. Wenn das Bookmarklet dem Browser hinzugefügt wurde, können Webressourcen mit einem Klick einer Sammlung hinzugefügt werden. Die eigenen Sammlungen sind über eine spezifische URL öffentlich einsehbar und innerhalb umfangreicher Sammlungen kann nach Schlagworten gefiltert werden. Die neuen ‘scoops’ einer Sammlung können automatisch auch über das eigene Weblog als Posts veröffentlicht werden (sofern man das möchte) und Besucher können die ‘scoops’ kommentieren, müssen dafür aber bei scoop.it angemeldet sein.
scoop.it bietet aktuell drei Nutzungsmodelle. Bei der Nutzung des kostenlosen Service ist man auf fünf Themen beschränkt und die Möglichkeiten, den erläuternden Text zum “scoop” zu formatieren sind stark eingeschränkt. Die kostenpflichtigen Varianten bieten darüber zudem mehr Export-Möglichkeiten und Analysewerkzeuge.
Was ist “innovativ” in der Hochschullehre?
Letzten Donnerstag fand an der WU Wien eine Feier statt: der Geburtstag der Lernplattform Learn@WU wurde gefeiert – 10 Jahre alt ist sie geworden. Die Einladung zu einem Vortrag habe ich gerne angenommen. Irgendwie find ich es sympathisch, den Geburtstag der Lernplattform zu feiern. Die meisten Unis, die ich kenne, haben zu ihrer Lernplattform eher ein ambivalentes Verhältnis. Von den Studierenden höre ich oft, dass sie sich mehr von “wie halt Facebook” wünschen. Hier zu meinen Folien zum Vortrag: was ist innovativ in der Hochschullehre?
Auf der Podiumsdiskussion ging es anschliessend auch um die Frage, ob “klassische Vorlesungen” im Alltag der Hochschullehre verschwinden werden. 84% der Zuhörer stimmten per clicker mit nein, sie werden nicht verschwinden. Auch äusserte sich jemand sehr kritisch gegenüber dem “Mantra” des konstruktivistischen Paradigmas. Nur im Einzel- oder Gruppenunterricht zu lernen, wäre schlicht eine Überforderung für die Studierenden….
Die Diskussion zeigte mir, dass es viele Missverständnisse gibt bgzl. “Ermöglichungsdidaktik” und dem konstruktivistischen Paradigma, wenn deren Bedeutung für die einzelnen Ebenen von Unterricht nicht differenziert wird. So wird behauptet, das konstruktivistische Paradigma sei untrennbar mit sozialem Lernen (Gruppenunterricht) verbunden, und das Entscheidende sei dabei das selbstregulierte Lernen in der Gruppe. Mit dieser Aussage wird der Konstruktivismus in falscher Interpretation nur der Mikroebene, den einzelnen Lehrsituationen zugeordnet. Tatsächlich betrifft er aber die Programmebene und die Rahmenbedingungen des Lernens, weil damit in erster Linie die Art der Wissensgewinnung (das Wissen wird durch die aktive, subjektive Auseinandersetzung mit einem Problem oder einem Objekt gewonnen), und nicht nur ein rein methodisches Vorgehen anspricht. Das war auch mein Plädoyer im Vortrag zum Schluss, verstärkt die Entwicklung von Bildungsprogrammen in den Fokus zu nehmen.
Kurzum: Vorlesungen bzw. instruktionale Komponenten können auch in einem konstruktivistisch geprägten Paradigma, das dem Leitbild, Lernen zu ermöglichen, enthalten sein – aber: sie haben eine ganz andere Funktion, sie sind Impulse, die der Lehrende setzt und die an eine für den Lernenden herausfordernde Problemstellung angebunden sind – und somit Lernen und die Konstruktion des Wissenserwerbs ermöglichen. Also nicht eine “entweder-oder-“, sondern eine “sowohl-als-auch-Strategie”, aber der Kontext und Zielsetzung sind komplett andere… Solche Diskussionen sind schwieriger zu führen als “wir brauchen Vorlesungen: ja oder nein”…